175 Jahre Liederkranz Neuburg: „Jeder hat eine einmalige Stimme“

Mit der Nelson-Messe von Joseph Haydn feierte der Neuburger Liederkranz sein 175-jähriges Jubiläum. Die Messe mit Stadtpfarrer Herbert Kohler fand in der Heilig-Geist-Kirche in Neuburg statt. Foto: Johannes Seifert

NR, Montag, 7. November 2022 | Nr. 256

Von Johannes Seifert

„Wir freuen uns überaus, dass wir nach schwierigen Pandemiezeiten mit der Vertonung der ‘Nelson-Messe’ von Joseph Haydn im Rahmen des von Stadtpfarrer Herbert Kohler sowie dem neuen Kaplan Nhat zelebrierten Festgottesdienstes unser 175. Jubiläum feiern können. Hier bin ich besonders dankbar für die großartige Zusammenarbeit mit den Musikern aus der Region und dem Streichorchester Dieter Sauer aus Pfaffenhofen. Dass wir die Soloparts aus den eigenen Reihen besetzen konnten, unterstreicht auch das enorme künstlerische Niveau unserer Sängerinnen und Sänger“ – Dies verdeutlichte Chorleiter und Musikpädagoge Martin Göbel im Gespräch mit unserer Redaktion vor der gelungenen festlich vertonten heiligen Messe in der bis auf den letzten Platz gefüllten Hl.-Geist-Kirche.

In der 175-jährigen Geschichte des Liederkranzes (gegründet 1847) wechselten sich glanzvolle musikalische und gesellschaftliche Höhepunkte, beispielsweise die Verleihung des Kulturpreises der Stadt Neuburg im Jahr 2000, mit schweren Krisenzeiten während der beiden Weltkriege und zuletzt der Corona-Pandemie, wo gemeinsames Singen nicht mehr möglich war, ab.

Wurde ab 1960 der Schwerpunkt auf die Aufführung geistlicher Musik gelegt, weist das Repertoire des Chores seit den 1979 ins Leben gerufenen Faschingskonzerten mit Auftritten beim Neuburger Schloßfest sowie mit Frühjahrs-, Herbst- und Adventskonzerten inzwischen einen abwechslungsreichen musikalischen Spannungsbogen auf. Blickt man auf die Internetseite des Neuburger Liederkranzes, so wird schnell deutlich, wie aktiv und auch erfolgreich dieser Chor, der noch zu einer Zeit, als Bayern ein Königreich war, gegründet worden war, noch immer ist. Besonders bei den (25!) „Baringer Kirchenkonzerten“ bot der Neuburger Liederkranz einen erlesenen und vielseitig angelegten Chorgesang auf stets hohem Niveau.

Besonders dankbar zeigte sich der Geistliche, dass die Sängerinnen und Sänger immer auch geistliche Musik zur Ehre Gottes intonieren konnten. „Jeder hat vor Gott eine unverwechselbare Stimme, jeder sei ein Klangkörper im Chor der Welt.“

„Ihr alle“, so Herbert Kohler an die Akteure des Jubiläumschores gewandt, „seid eine wundervolle Stimme, lasst sie weiter erklingen, gerade in diesen Zeiten. Seid Licht und zieht andere mit, zur Freude der Menschen und zum Lobpreis Gottes.“ Martin Göbel leitet seit sechs Jahren den Chor musikalisch und darf auch auf ein reges Team in der Vereinsführung unter dem Vorsitz von Bernhard Fürleger bauen. Ganz bewusst, so der Chorleiter, habe er die Nelson-Messe für das Jubiläum einstudiert. Das ursprünglich als „Missa in angustiis“ („Messe in der Bedrängnis“) notierte Werk – es ist die einzige Messe in Moll von Haydn – zählt vor allem durch Kyrie, Benedictus und Sanctus zu dessen gelungensten Kompositionen.

Das Kyrie besticht durch ein virtuos angelegtes Sopransolo, bestens dargeboten von Brigitte Clemens und Katrin Mitko. Auch David Munzinger (Tenor) und Alexander Haninger (Bass) fügten sich als Solisten wundervoll in den Gesamtklang des Werkes ein.

Kraftvoll und präsent gab sich der Chor, bei dynamisch gehaltener Begleitung des Orchesters, mit Michael Beck an der Orgel (er leitete den Chor viele Jahre) im gesamten Verlauf der Haydn-Messe. Festlich, im schönen Wechsel zwischen Sopran und den engagierten Sängerinnen und Sängern, gelang das Gloria. Ein innig gehaltenes Bass-Solo bei „Qui tollis“, subtil im Ausdruck und kraftvoll von Alexander Haninger (auch er war bereits Dirigent des Chores) intoniert, schloss sich an. Besonders schön dann die „Fuge“ im Amen, die das Gloria festlich zum Abschluss brachte. Das feierliche Sanctus, von Martin Göbel mit Bedacht, umsichtig und im sehr langsamen Metrum dirigiert, mündete glanzvoll in das lebhafte „Pleni sunt coeli“, das mit kurzer Fuge und dem „Hosianna-Ruf“ abgerundet wurde. Eindrucksvoll durch ihre erlesene Stimmkraft intonierte besonders Petra Gauß-Nikel im Benedictus. Vor allem die gut abgestimmte Fuge zu „Dona nobis pacem“ im innig dargebotenen Agnus Dei (Katrin Mitko erfreute hier durch einen sehr schönen Solopart) als Abschluss der Messvertonung machte nochmals besonders deutlich, wie herausragend sich Chor, Solisten und Orchester auf diesen Jubiläumsauftritt vorbereiten konnten. Die Kirchenbesucher dankten den Akteuren zum Abschluss mit zu Recht lang anhaltendem Beifall für eine festliche Stunde zur Ehre Gottes und zur Freude der Menschen.

Von Johannes Seifert (NR)