Wir feiern 175 Jahre Neuburger Liederkranz!

Auch im Neuburger Kongregationssaal hat der Liederkranz in den vergangenen Jahren einige Konzerte gegeben. Hier einHerbstkonzert aus dem Jahr 2007.
Foto: Annemarie Meilinger (Archivbild)

Der König selbst stimmte der Gründung zu

Der Neuburger Liederkranz ist der zweitälteste Verein der Stadt. In diesem Jahr feiert er sein 175-jähriges Bestehen. Ein Rückblick zeigt: Seit der Gründung hat sich die Gesellschaft spürbar verändert.

NR, Freitag, 7. Oktober 2022 | Nr. 231

Von Anna Hecker

Neuburg Es ist das Jahr 1847, genauer gesagt ein Oktobertag, als ein edles Papier in Neuburg ankommt. Seine Majestät höchstpersönlich,
der König von Bayern, hat die Bildung eines neuen Vereines genehmigt. Es sind die Gründungsväter des Neuburger Liederkranzes, die dieses Gesuch beim Königlichen Stadt-Commisariat eingereicht hatten. 175 Jahre später gibt es den Liederkranz – im Gegensatz zu einem bayerischen König – immer noch. Und das will natürlich gefeiert werden.

Denn auf so eine lange Geschichte können nicht viele Vereine in Neuburg zurückblicken. Genau genommen ist der Liederkranz sogar der zweitälteste Verein Neuburgs. Eine längere Geschichtebringt nur der Historische Verein in Neuburg aufs Papier.

Seit der Gründung vor 175 Jahren ist beim Liederkranz viel passiert: Zahlreiche Auftritte, wechselnde Probenräume, immer wieder neue Dirigenten – kein Wunder, wenn der Verein auf eine Geschichte zurückblickt, die drei Jahrhunderte (19., 20. und 21. Jahrhundert) überspannt, währenddessen sich zwei Weltkriege abgespielt haben, aus der Monarchie eine Demokratie wurde und Deutschland mal geteilt und dann wieder vereinigt wurde.

Aber zurück zum Liederkranz und ganz auf Anfang: Zum 31. Oktober 1847. Die Gründungsväter haben es geschafft, sie dürfen einen Gesangsverein mit dem Segendes Königs gründen – mit ein paar Einschränkungen, wie sich versteht. „Die Zeit der Versammlung ist dem Stadtmagistrate anzuzeigen“ heißt es da beispielsweise oder „Es bleibt der Verein hinsichtlich der Polizeistunde den allgemeinen Anordnungen unterworfen“. Eine Polizeistunde? Heute würde man das wohl eher als Sperrstunde bezeichnen.

Wappen des Liederkranz Neuburg
Das Wappen des Neuburger Liederkranz zeigt die wichtigsten Säulen des Vereins:
Zusammenhalt und natürlich die Musik.
Foto: Liederkranzarchiv

Und auch bei den Berufen, die die damaligen Gründungsmitglieder hatten, zeigt sich, dass sich die Gesellschaft stark verändert hat.Heute arbeitet schließlich niemand mehr als „Skribent“ (eine Art Sekretär in einer Behörde) oder als „Lebzelter“ (Lebkuchenbäcker). Da gab es den „Comiß“, Seiler, Schuhmacher oder auch Büchsenmacher und Schäfflermeister. Insgesamt wurde der Verein mit 38 ordentlichen Mitgliedern (heute als aktive Mitglieder bezeichnet) und 39 außerordentlichen Mitgliedern (heute die passiven Mitglieder) gegründet.

Das Vereinsleben war bis ins kleinste Detail geregelt. Einige dieser Vorschriften muten heute äußerst ungewöhnlich an. Wer würde jetzt aus einem Verein ausgeschlossen werden, wenn er „die öffentliche Bürgertugend verletzt“ oder „die gesellschaftliche Einigkeit durch Parteigängerei stört“. Auch das Tabakkauen in den Gesellschaftsräumen ist den Mitgliedern vor 175 Jahren untersagt. Generell ging es dort wohl wesentlich strenger zu, als man heute die lockere Atmosphäre in den Vereinen gewohnt ist. So heißt es weiter:„Die Mitglieder haben sich (…) pünktlich und ohne Widerrede in die Anordnungen des Musikdirektors zu fügen.“

Der Bayerische König selbst musste der Vereinsgründung zustimmen.
Foto: Liederkranzarchiv

Die Zeiten dieser strengen Bedingungen sind zum Glück schon längst vorbei und der Liederkranz blickt vor allem auf amüsante Veranstaltungen zurück, die Generationen an Mitgliedern in Freundschaft zusammenschweißten. Auf Reisen traf man sich mit anderen Gesangsgruppen in und weit über die Region hinaus. 1902 stand beispielsweise eine Reise nach Graz an, zwei Jahre später fuhr man nach Lindau. Donauwörth, Pappenheim, Regensburg, Nürnberg, der Neuburger Liederkranz lies es sich nicht entgehen, auf Sängerfesten sein Können unter Beweis zu stellen.

Besonders stolz ist der Verein auf die Baringer Kirchenkonzerte, die ab 1998 im zweijährigen Rhythmus stattgefunden haben. In dem romantischen Kirchenschiff präsentierten die passionierten Sänger zusammen mit anderen Gesangsformationen und Musikensembles Stücke von Mozart, Haydn oder Schubert sowie anderen großen Komponisten.

Ein weiterer großer Name, nämlich Mendelssohn-Bartholdy, wurde ausgesucht, um zum Stadtjubiläum „500 Jahre Pfalz Neuburg“ eine Konzertaufführung in der Hofkirche zu zelebrieren. Bei dem großen Ereignis im Jahr 2005 standen dem Liederkranz der Neuburger Madrigalchor und die Windrose zur Seite. Die Leitung hatte Alexander Haninger.

Weniger feierlich und deutlich lustiger ging es bei den Faschingskonzerten zu, zehn an der Zahl fanden zwischen 1997 und 2022 statt. Wer sich nun ein klassisches Konzert nur in Kostümen vorstellt, irrt sich jedoch. Stattdessen erwartete die Besucherinnen und Besucher ein musikalisches Kabarett, bei dem die Begebenheiten in Neuburg mit einem Augenzwinkern durch den Kakao gezogen wurden.

Für so viel Engagement, das das Kulturleben der Stadt Neuburgüber viele Jahrzehnte hinweg mitbestimmt, gab es im Jahr 2000 schließlich auch die verdiente Auszeichnung: Der Neuburger Liederkranz bekam den Kulturpreis der Stadt Neuburg verliehen.
Man könnte noch so viele Ereignisse aufzählen: die Teilnahme beim Neuburger Schlossfest mit den Umzügen, Frühlings- und Herbstkonzerte oder auch Auftritte bei „Wort.Klang.Bild“. Von Dirigenten über Vorstände bis zu verdienten Mitgliedern müsste man eine ganze Liste an Namen nennen, die den Neuburger Liederkranz zu dem gemacht haben, derer heute ist – nach stolzen 175 Jahren.

Doch wie feiert man nun ein solches Jubiläum? Am 5. November findet ein festlicher Gottesdienst um 18 Uhr in der Heilig-Geist-Kirche statt, bei dem der Neuburger Liederkranz zusammen mit dem Orchester Dieter Sauer und Musikern aus der Region die Nelson-Messe von Haydn zu Gehör bringen wird. Anschließend findet im Saal der Rennbahn eine Feier mit allen aktiven und passiven Mitgliedern des Liederkranzes statt, bei dem auch zahlreiche Gäste geladen sind. Der Schwerpunkt liegt auf dem Zusammensein bei Buffet undGetränken.